Chinesisch-Unterricht in deutschen Schulen – Das ist der aktuelle Stand

China ist seit der Jahrtausendwende zur zweitgrößten Volkswirtschaft und zum globalen Player aufgestiegen: An deutschen Schulen wird diesem Umstand nach wie vor kaum Respekt gezollt, die Zahl der Angebote für Chinesisch-Unterricht bleibt überschaubar. Bisher sind es vor allem einzelne Schulen, die auch über ihre chinesischen Städtepartnerschaften ein eigenes Angebot unterhalten.

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Der Status Quo im Überblick

Zunächst einmal: Seit dem Aufstieg Chinas seit Ende der 1990er- und Anfang der 00er-Jahre hat sich das Angebot an deutschen Schulen vergrößert. Zahlen der Kultusministerkonferenz aus dem Jahr 2007 verdeutlichen das: Zum damaligen Zeitpunkt boten 44 Schulen Chinesisch als Wahlpflichtfach an, an immerhin 123 Schulen existierten Arbeitsgemeinschaften, die aber in ihrer Bedeutung keinem verpflichteten Unterrichtsfach gleichkommen.

Im Jahr 2016 gab es laut den Statistischen Landesämtern bereits 86 Schulen, an denen knapp 5.200 Schüler in einem eigenen Unterrichtsfach die chinesische Sprache erlernten. Spitzenreiter war damals wie heute das Bundesland Nordrhein-Westfalen mit knapp 1.900 Schülern an 24 Schulen. Weit abgeschlagen waren die neuen Bundesländer und der Norden Deutschlands, wo häufig nicht einmal eine dreistellige Zahl an Schülern die chinesische Sprache lernt – oder lernen kann, da entsprechende Angebote fehlen. Im direkten Vergleich zeigt sich, wie wenig das eigentlich ist: Zum damaligen Zeitpunkt gab es in Frankreich bereits 660 Schulen mit Chinesisch als Unterrichtsfach, das insgesamt rund 46.000 Schüler belegten.

Im Jahr 2020 zeigt sich die innerhalb der Bundesrepublik dennoch steigende Tendenz weiter: Da gab es bereits 121 weiterführende Schulen. In Nordrhein-Westfalen, weiterhin Spitzenreiter, stieg die Zahl von 24 auf 34 Schulen an. Mit einem Blick auf die statistischen Erhebungen verdeutlichen sich weitere erhebliche Unterschiede. Berlin beispielsweise führt 12 Schulen an denen Schüler die chinesische Sprache erlernen können, was nahezu so viel wie im ganzen Freistaat Bayern (13) ist. Wenig überraschend verdeutlicht sich damit auch, dass Bundesländer mit starker internationaler Ausrichtung und hohen Zuwanderungsquoten, wie Berlin und Nordrhein-Westfalen, beim Chinesisch-Unterrichtsangebot die Nase vorn haben.

Schleppende Fortschritte in Deutschland

Zwar ist Deutschland nicht zwangsläufig als erste Migrationsadresse für Chinesen bekannt, doch in der Privatwirtschaft wächst das Angebot seit Jahren kontinuierlich. Auch Online Casinos in Deutschland in chinesischer Sprache existieren mittlerweile, um hierzulande lebenden Chinesen den Einstieg mit einem individuellen Angebot zu erleichtern. Dennoch bleibt der chinesische Zuzug überschaubar, dabei könnte die Bundesrepublik neue, exzellent ausgebildete und arbeitswillige Fachkräfte durchaus gebrauchen. Der Zuzug aus dem hochqualifizierten Ausland gilt seit jeher als Schwachstelle der Bundesrepublik, bedingt durch die im internationalen Vergleich hohe Steuer- und Abgabenlast. Viele Chinesen zieht es, aufgrund besserer Verdienstmöglichkeiten, innerhalb des Westens eher nach Großbritannien, die USA oder Kanada.

Parallel dazu wird die Volksrepublik innerhalb Deutschlands nach wie vor kritisch beäugt. Zuletzt verstärkte sich dieser Effekt durch das zusehends stärkere autokratische Auftreten der Volksrepublik noch weiter. Die häufig negative Berichterstattung leistet wenig, um die chinesische Sprache und etwaige Auslandsaufenthalte in China unter Eltern oder deren Kindern populär zu machen. Des Weiteren gilt in vielen Teilen der westlichen Welt die chinesische Sprache noch immer als „unlernbar“, auch bedingt durch die zahlreichen verschiedenen Dialekte und natürlich die völlig unterschiedlichen Schriftzeichen gegenüber dem Lateinischen.

Wo führt der Weg an deutschen Schulen hin?

Experten empfehlen Chinesisch als zweite oder wenigstens als dritte Fremdsprache und Wahlfach stärker an deutschen Schulen zu verankern. Generell ist zu antizipieren, dass Schüler für das Niveau A2 des GER wenigstens 400 Unterrichtsstunden absolvieren müssen. Im Zuge dessen müsste Chinesisch frühzeitig in den Lehrplan integriert werden, idealerweise bereits ab der sechsten oder siebten Klasse – zu diesem Zeitpunkt kommt an vielen Gymnasien die zweite Fremdsprache, meist Französisch oder Spanisch, hinzu. Digitale Unterrichtsmethoden können außerdem als optionale Maßnahme gefördert werden – wie die Corona-Pandemie aufzeigte, sind deutsche Schulen aber keinesfalls für einen digitalen Unterricht gerüstet, folglich benötigte es an dieser Stelle zunächst Weiterbildungsmöglichkeiten für Lehrkräfte ebenso wie Finanzzuschüsse aus dem Länder- und Bundeshaushalt.

Damit die chinesische Sprache überhaupt mehr Interesse unter Eltern und Schülern weckt, müssten auch chinabezogene Themen stärker in anderen Unterrichtsfächern behandelt werden. Die Geschichte der Volksrepublik ist heutzutage beispielsweise nicht Inhalt des Lehrplans für Geschichte. Aufgrund der jüngst wieder stärkeren nationalistischen und abgrenzenden Politik Chinas bleibt aber offen, wie viele Schüler und Eltern sich letztlich für Chinesisch, statt beispielsweise Französisch oder Spanisch, entscheiden würden. Dem deutschen Bildungssystem würde mehr Vielfalt in jedem Fall gut zu Gesicht stehen, wobei Chinesisch hierbei nur eine von vielen Baustellen ist. Nach wie vor kommen viele ökonomische Sachverhalte, generelles wirtschaftliches Grundverständnis und beispielsweise auch die Digitalisierung beziehungsweise Industrie und Arbeit 4.0 im Unterricht zu kurz.

Fazit: Chinesisch ist an deutschen Schulen eine Randerscheinung – und das wird wohl vorerst auch so bleiben

Um Chinesisch effektiv zu vermitteln fehlt es in Deutschland an allerlei. Das fängt schon bei didaktisch sinnvoll ausgearbeiteten Unterrichtsmaterialien an, von Lehrkräften ist dahingehend aus verständlichen Gründen nicht zu erwarten, dass diese das Lehrmaterial selbst ausarbeiten könnten. Nordrhein-Westfalen und Berlin agieren innerhalb der Bundesrepublik als Vor- und Spitzenreiter, was den Chinesisch-Unterricht anbelangt. Zumindest Berlin hat als internationale Metropole mit entsprechendem Zuzug, auch aus dem asiatischen Raum, immer noch viel Potenzial. Währenddessen sind der Norden und Osten Deutschlands weit abgehängt – daran wird sich in naher Zukunft wohl auch wenig ändern, weshalb der Chinesisch-Unterricht bundesweit wohl eine Nischenerscheinung bleibt.

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